Diese Voraussetzungen und die vielversprechende Produktpallette führten zu unserem Gespräch mit Axel Neisser, dem Chief Technical Officer von crystalsol.
Dr. Axel Neisser
Studium der Physik
in Berlin und Manchester
12 Jahre Berufserfahrung
seit 2013 crystalsol GmbH (CTO)
Crystalsol in Österreich
Die crystalsol GmbH wurde 2008 gegründet und hat den österreichischen Firmensitz in Wien, wo mehrheitlich Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten mit Fokus auf die Produktentwicklung und die Etablierung und Skalierung des Produktionsprozess durchgeführt werden.
Die Produkte
Bei crystalsol macht man sich die Forschungsarbeit von Prof. Dieter Meissner (der auch wissenschaftliche Berater der crystalsol ist) zunutze. Es geht hierbei um die Entwicklung einer flexiblen Photovoltaikfolie. Dabei vereint die patentierte crystalsol Technologie die Vorteile von einkristallinen Materialen und einer kostengünstigen roll-to-roll Produktion.
Die Technik selbst basiert auf den Ergebnissen russischer Forschungsgruppen und dem Halbleiter know-how von Philips aus den 1960ern. Die Schlüsselinnovation ist hierbei die lichtabsorbierende Membranschicht aus einem patentierten Halbleiterpulver, welches am crystalsol Standort in Tallinn hergestellt und weiterentwickelt wird. Das Halbleiterpulver besteht aus Kupfer, Zink, Zinn, Schwefel und Selen, die allesamt relativ günstig zu erwerben sind, relativ häufig auf der Erde vorkommen und zudem für keine nennenswerten Umweltbeeinträchtigungen am Ende eines Produktlebenszyklus bekannt sind.
Die Kernprodukte sieht crystalsol vor allem im b2b Bereich. Man bietet Herstellern von gebäudeintegrierten Elementen (z.B. Fassaden- oder Dachelemente) an, ihre Produkte durch die photovoltaische crystalsol Folie aufzuwerten indem man dem Gebäudeteil eine Strom produzierende Funktion gibt. Dies kann etwa über Glas-Glas-Laminate oder das Auftragen der Folie auf metallische oder keramische Oberflächen geschehen. Der absolute Vorteil von crystalsols Technologie ist die Verwendung einfachster Drucktechnologien sowie die fast uneingeschränkte Freiheit und Flexibilität für die Hersteller von gebäudeintegrierten Elementen, sowie für Bauherren und Architekten bei der Planung und Gestaltung. Dabei ergeben sich auch Vorteile für den Bauträger, der über die Stromerzeugung der Photovoltaikfolie bei einer Überkapazität auch Stromeinspeisungen in das Stromnetz vornehmen kann und so einen Teil der Investitionen wieder zurückbekommt. Wie viel oder wie wenig hängt schlussendlich immer vom Einzelfall ab.
Weitere Produktmöglichkeiten
Durch die ausgesprochene Flexibilität der Photovoltaikfolien sind b2c Anwendungen (z.B. mobile PV, PV Taschen, PV Folien für Autodächer) natürlich ebenso gegeben.
Die Rahmenbedingungen
Österreich ist für ein technologieorientiertes Start-Up wie die crystalsol GmbH ein guter bis sehr guter Standort.
Die ökonomischen Rahmenbedingungen für das Unternehmen sind gut, schließlich erhielt man in der Vergangenheit Unterstützung von der Stadt Wien und Förderungen von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS). Als einziger Wehrmutstropfen ist bei den ökonomischen Rahmenbedingungen anzuführen, dass es in Österreich nur wenig Venture Capital Kapitalgeber für junge High-Tech Unternehmen gibt.
Die sozialen Rahmenbedingungen sind ähnlich gut. Die ÖsterreicherInnen kennen und schätzen Großteils das positive Image von Solarenergie. Dementsprechend gelang es crystalsol bisher stets qualifiziertes Personal für das Unternehmen zu gewinnen.
Der Innovationsgedanke
Der Innovationsgedanke ist bei der crystalsol GmbH unternehmensinhärent. Durch den innovativen Ansatz und die innovativen Produkte, sowie die daraus resultierenden innovativen Prozesse ist man für die Zukunft bestens gewappnet. Basierend auf der jetzigen Ausgangssituation auf den Märkten ist man bei crystalsol aus einem natürlichen Selbstverständnis heraus bestrebt seine Produkte weiter zu entwickeln und auf die Bedürfnisse des Endkunden perfekt abzustimmen.
Aber auch die Zusammenarbeit mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen in Österreich, Estland, Deutschland, Portugal bis Singapur zeugt von dem Willen Innovationen kontinuierlich voranzutreiben.
Innerbetriebliche Effizienz
Aufgrund der noch mangelnden Produktionslinie ist die innerbetriebliche Effizienz noch kein primäres Thema, wird aber bereits schon mit im Auge behalten. Dies zeigt sich bereits in der Auswahl der für die Membran notwendigen Materialien. Hier achtet man auf Ressourcen und deren Verfügbarkeit.
Die ArbeitnehmerInnen
Durch den Unternehmenscharakter sucht man bei der crystalsol GmbH vornehmlich nach neugierigen, flexiblen und gut ausgebildeten Ingenieuren die Interesse an der Entwicklung einer neuen Technologie haben und in einem jungen, entscheidungsfreudigen Unternehmen arbeiten möchten. Auf diese Weise kann man neue Wege bestreiten und sich mit dem Unternehmen weiterentwickeln und mitwachsen. Hierfür bietet man den MitarbeiterInnen eine Vielfalt von Möglichkeiten die eine gezielte persönliche Weiterentwicklung ermöglichen (Teilnahme an Konferenzen, Schulungen, Workshops, individuelle Weiterbildungsmaßnahmen). Jedoch sollte jedem klar sein, dass man bei crystalsol keinen 9-to-5-Job hat, sondern einen attraktiven und innovativen Arbeitgeber.
Die MitarbeiterInnen am Standort in Wien sind zum weitaus überwiegenden Teil männlich. Dies ist – so scheint es – dem technischen Charakter der ausgeschriebenen Tätigkeiten geschuldet und weniger dem, dass man nicht versuchen würde weibliches Personal zu finden. Im Gegensatz dazu liegt der Frauenanteil am Standort in Estland bei rund 60 %.
Die Ausbildungshintergründe beschränken sich bis auf wenige Ausnahmen auf Hochschulausbildungen. In Zukunft werden aber vermehrt kompetente TechnikerInnen gesucht werden, die beim Aufbau der Produktion besonders gefragt sind. Dies könnte die bisher größte Hürde darstellen, da man gut ausgebildete FacharbeiterInnen am Arbeitsmarkt am schwersten findet.