Abfall ist ein Rohstoff – jede Tonne ist wertvoll

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Autor: Alexander Kohl

Das Thema Kreislaufwirtschaft ist sicherlich eines der Top-Themen unserer Gesellschaft und wird die Entsorgungsbranche in den nächsten Jahrzehnten stark prägen. Welche Chancen birgt die Kreislaufwirtschaft für die Abfall- und Entsorgungsbranche?

Veronika Wüster: Kreislaufwirtschaftliches Denken verlangt, dass wir das lineare System von der Produktion zum Abfall durchbrechen. Das beginnt schon bei der Produktentwicklung: Bereits in der Produktion sollte auf Wiederverwertbarkeit geachtet werden. Denn Inhaltsstoffe, Farben oder Multi-Layer-Produkte haben Einfluss auf Sortier- und Recyclingprozesse. Produkte müssen so hergestellt werden, dass sie wiederverwertbar sind. Das betrifft nicht nur Verpackungen, sondern auch die Bauwirtschaft. Durch Sammlung, Sortierung und Recycling kann Abfall in den Kreislauf als Sekundärrohstoff zurückgeführt werden. Abfall ist ein Rohstoff – jede Tonne wertvoll. Die Recyclingbetriebe stellen für die heimische Industrie wichtige Ressourcen bereit und leisten so einen Beitrag zur Rohstoffunabhängigkeit.

Wie sehen Sie daneben die Herausforderungen der Branche sich auf das Zeitalter der Kreislaufwirtschaft umzustellen?

Österreich ist im Recycling von Glas, Metall und Papier bereits Vorreiter und erreicht die EU-Ziele. Bei Kunststoffverpackungen sind noch Anstrengungen notwendig, hier stehen wir bei etwa 25 %: bis 2025 muss die Recyclingquote verdoppelt werden! Mehr Augenmerk muss auch auf die Bedeutung von Kreislaufwirtschaft am Bau gelegt werden. 17 % des österreichischen Abfalls von rund 70 Millionen Tonnen entfällt auf Bau- und Abbruchabfälle. Davon werden jährlich rund 8,9 Millionen Tonnen recycelt und wertvolle Sekundärrohstoffe gewonnen – hier sehen wir noch viel Potential. Kreislaufwirtschaft erfordert, dass nicht nur im Verpackungsbereich mehr gesammelt, sortiert und recycelt wird. Dafür braucht es Investitionen in Anlagen und benötigt verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen.

Was sind aus Ihrer Sicht weitere aktuelle Herausforderungen der Abfall- und Entsorgungsbranche?

Um die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu erreichen und Arbeitsplätze in der Branche zu sichern wollen heimische Abfallwirtschafts- und Recyclingbetriebe in den Ausbau ihrer Anlagen investieren. Statt weniger Monate – wie gesetzlich vorgeschrieben – dauern Anlagengenehmigungsverfahren in einigen Bundesländern jedoch teils mehrere Jahre. Die Einhaltung der gesetzlichen Genehmigungsfristen ist dringend notwendig, um Wettbewerbsnachteile für den Wirtschaftsstandort und Verlust von Förderungen in Millionenhöhe, aufgrund nicht erteilter Genehmigungen, zu vermeiden. Zudem geht der Fachkräftemangel auch an der Abfallwirtschaft nicht spurlos vorüber. Es besteht ein großer Bedarf an LKW-Fahrer:innen, der nicht gedeckt werden kann. Aber die Tatsache, dass Nachhaltigkeit bei der Jobsuche klar an Relevanz gewinnt, bietet eine enorme Chance. Gerade bei jungen Menschen ist der Wunsch groß, in Green Jobs zu arbeiten. Davon gibt es in der Abfallwirtschaft viele: Von der Anlagentechniker:in, Expert:in im Stoffstrommanagement über Logistiker:in bis zum Lehrberuf als Entsorgungs- und Recyclingfachkraft.

Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Arbeit beim VOEB setzen?

Wir vertreten die Interessen unserer mehr als 250 Mitglieder bei Stakeholdern, nationalen Behörden und auf EU-Ebene. Daneben ist es unser Ziel, junge Menschen für die Abfallwirtschaft zu begeistern. Dafür hat der Verband vor rund einem Jahr das Circular Economy Trainee Programm ins Leben gerufen. „YOUNG VOEB“ bietet jungen Mitgliedern eine Plattform für Netzwerk und Austausch. Im Rahmen der VOEB-Umweltwochen, die heuer erneut im Juni stattfinden, öffnen Mitgliedsbetriebe ihre Türen für interessierte Schulen. Neben dem Bewusstsein für Klimaschutz und Ressourcenschonung, gilt es das Bewusstsein im Bereich Batterien und Lithium-Ionen-Akkus zu stärken. Nicht fachgerecht gesammelt und entsorgte Batterien sind Ursache vieler Brände in Abfallwirtschaftsunternehmen und Haushalten. Zudem wollen wir als Verband ein noch breiteres Portfolio an Ausbildungen mit abfallrechtlichen und -wirtschaftlichen Inhalten für Mitglieder und Interessierte anbieten.

Sie haben bei Ihrem Einstand auch ein aktives Engagement auf europäischer Ebene angesprochen – was dürfen wir uns vom VOEB hier erwarten?

Wir setzen uns auf EU-Ebene aktiv für die europaweite Umsetzung eines Deponierungsverbots für unbehandelte Siedlungsabfälle ein. In Österreich längst Status Quo, wird dies leider noch in vielen EU-Ländern praktiziert. Daneben für eine umsetzbare Abfallverbringungsverordnung: Die Abfallwirtschaft braucht Import und Export, um Sekundärrohstoffe wirtschaftlich aufbereiten zu können. Auch hier sind einheitliche und in der Praxis umsetzbare Regelungen sowie weitere Investitionen notwendig. Dafür bringen wir uns in den europäischen Dachverband der Ressourcenwirtschaft FEAD ein – wie zuletzt in öffentlichen Konsultationen der EU-Kommission zum Thema Taxonomie oder zur Verpackungsverordnung. Letztere ist von großer Relevanz für die Branche: Wir unterstützen die Stärkung des Verpackungsrecyclings. Wir treten für verbindliche Einsatzquoten für die Verwendung von Recyclingmaterial in der industriellen Produktion ein. Damit wird Recycling forciert und auch der Sekundärrohstoffmarkt gestärkt. Derzeit besteht nur bei PET-Flaschen, und erst ab 2025, die Verpflichtung zum Einsatz von Rezyklaten.

Veronika Wüster, Geschäftsführerin des VOEB
Veronika Wüster, Geschäftsführerin des VOEB (Foto: VOEB)

Veronika Wüster

Geschäftsführerin Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB)

Bei Kunststoffverpackungen sind in Österreich noch Anstrengungen notwendig. Wir stehen bei 25 % – bis 2025 muss die Recyclingquote verdoppelt werden!
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Veronika Wüster (37) ist seit Anfang Februar 2023 neue Geschäftsführerin beim Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB), nachdem der Vorstand sie einstimmig als Nachfolgerin von Daisy Kroker bestellt hat. Veronika Wüster bringt umfassende Erfahrung aus Wirtschaft und Politik mit, unter anderem als stellvertretende Büroleiterin des Staatssekretärs Magnus Brunner im Verkehrs- und Klimaschutzministerium. Davor war Wüster sieben Jahre bei Austrian Airlines, zuletzt als stellvertretende Bereichsleiterin International und Aeropolitical Affairs, für Public Affairs, Positionierung und Stakeholdermanagement zuständig. Weitere berufliche Stationen der zuletzt als Jungunternehmerin aktiven gebürtigen Niederösterreicherin waren unter anderem im Familienunternehmen Wüsterstrom, der Industriellenvereinigung sowie bei (Fach-)Medien im In- und Ausland. Wüster hat in Wien und Paris Internationale Entwicklung als auch an der Diplomatischen Akademie Wien International Relations studiert. Seit 2016 ist sie Teil des Vorstands der Jungen Industrie Niederösterreich/Burgenland.

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