Sie haben mit Juli 2023 die Generaldirektion der GeoSphere Austria übernommen. Was sind die zentralen Aufgaben und Ziele der neu geschaffenen Institution?
Andreas Schaffhauser: Seit heuer bündeln die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und die Geologische Bundesanstalt (GBA) ihre Kompetenzen in der neugegründeten GeoSphere Austria, Österreichs Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Meteorologie und Klimatologie. Als elfte Einrichtung unter dem Schirm des Forschungsfinanzierungsgesetzes ist die GeoSphere Austria die zentrale Kompetenzstelle des Bundes für Daten und Informationen über die Geosphäre (Atmosphäre, Lithosphäre, Hydrosphäre und Pedosphäre) und befasst sich unter anderem mit den zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen des Klimawandels und von Naturkatastrophen.
Sylvia Bauer-Beck: Die GeoSphere Austria beschäftigt rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Standorte sind in Wien auf der Hohen Warte (Zentrale) und in der Neulinggasse sowie in Linz, Salzburg, Innsbruck, Graz und Klagenfurt. Außerdem betreibt die GeoSphere Austria das Sonnblick Observatorium in Salzburg sowie in Niederösterreich das Conrad Observatorium bei Pernitz und ein geophysikalisches Testgelände bei Melk.
GeoSphere Austria befasst sich auch mit den zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen des Klimawandels und der Naturkatastrophen – welche Leistungen wird die GSA vor allem in diesem Bereich übernehmen?
Sylvia Bauer-Beck: Die Gesellschaft steht im 21. Jahrhundert vor großen Herausforderungen. Dazu gehören insbesondere der fortschreitende Klimawandel, der Schutz von Menschen, Siedlungsraum und Infrastruktur vor gehäuft auftretenden Extremwetterereignissen und Naturgefahren, nachhaltige Rohstoffgewinnung, Grundwasserschutz sowie die Nutzung alternativer Energieformen. In diesem Umfeld gilt es, ein wissenschaftlich und wirtschaftlich starkes Unternehmen zu formen.
Wie kann GeoSphere Austria zur Bewältigung der Klimakrise und der Herausforderungen, die damit verbunden sind, konkret beitragen?
Andreas Schaffhauser: Um für diese Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte optimale Lösungen zu entwickeln, sind fundiertes Wissen über die Atmosphäre (Wetter und Klima), über den Untergrund (Geologie und Geophysik) und über deren Wechselwirkungen unerlässlich. Die Daten und Informationen der GeoSphere Austria bilden dabei unter anderem die Grundlage für die Prävention und Bewältigung von Naturkatastrophen, für die Verringerung des Risikos von Naturgefahren, für langfristige Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel und für ein nachhaltiges Ressourcenmanagement.
Was ist gemäß Ihren Daten die größten Herausforderungen für Österreichs Wirtschaft und Gesellschaft in Bezug auf den Klimawandel und den damit verbundenen Veränderungen?
Andreas Schaffhauser: Ein ganz markantes Signal ist die stetige Erwärmung und die damit verbundenen weitreichenden Folgen. Dazu gehört zum Beispiel die massive Zunahme von Hitze und die Abnahme von Tagen mit Schneedecke. Ein großes Thema ist natürlich auch die Zunahme von Extremereignissen wie schweren Gewittern, mit Starkregen, Hagel, und Sturmböen. Seit den 2000er-Jahren haben Wetterlagen mit Unwetterpotenzial in Österreich um etwa 20 Prozent zugenommen.
Sylvia Bauer-Beck: Wichtig ist, zur Bewältigung dieser großen Herausforderungen alle verfügbaren Kräfte zu bündeln, weil wir hier sehr komplexen Risiken begegnen, die oft gleichzeitig mehrere Themenbereiche und Zuständigkeiten betreffen. Wir arbeiten daher in Österreich, Europa und weltweit in vielen interdisziplinären Projekten und Dienstleistungen. Innerhalb der GeoSphere Austria bringt die Zusammenlegung von ZAMG und GBA wertvolle Synergie durch die enge Zusammenarbeit der unterschiedlichen Abteilungen, von der Geologie bis zur Meteorologie.
Ing.in Mag.a Sylvia Bauer-Beck, mit Juli 2023 kaufmännische Generaldirektorin der GeoSphere Austria
Geboren 1974 in Wien. Ingenieursausbildung am TGM für Maschinenbau-Betriebstechnik, Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien. Seit 2003 in leitender Funktion im Finanzbereich in den Branchen Maschinenbau, Forschung & Entwicklung und Immobilien. Ab 2011 als Geschäftsführerin in den Branchen erneuerbaren Energie, Unternehmensberatung & Softwareentwicklung sowie im Logistikbereich tätig. Seit 2017 Vortragende an der Universität für Weiterbildung in Krems, im Rahmen des Zertifizierungsprogrammes für professionelle Aufsichtsrats- und Gremientätigkeit.
Dr. Andreas Schaffhauser, mit Juli 2023 wissenschaftlicher Generaldirektor der GeoSphere Austria
Geboren 1970 in der Steiermark. Studium der Meteorologie an den Universitäten Graz und Innsbruck, Marie Curie Fellowship an der Universität Bologna in Italien. Forschungstätigkeiten im Bereich der Meteorologie, Fernerkundung sowie Schnee- und Lawinenforschung. Seit 2006 an der ZAMG tätig. Von 2011 bis 2021 Bereichsleiter, verantwortlich für Wettervorhersage, Klimadienstleistungen und umweltmeteorologische Services. Programm Manager des Meteoalarm-Projektes zur Koordination der europäischen Wetterwarnungen. Seit 2021 provisorischer Leiter der ZAMG, ab Jänner 2023 Mitglied der provisorischen Generaldirektion der GeoSphere Austria.