Im Climate Lab werden Initiativen rund um Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft gefördert und zum Leben erweckt. Was bedeutet das im Detail für Ihre Projekte?
Gebhard Ottacher: Im Climate Lab dreht sich alles um Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft. Den Erfolg eines jeden Projektes messen wir in der Reduktion von Treibhausgasemissionen und Materialverbrauch. Die Auswahl unserer Projekte treffen wir gemeinsam mit unseren Partner:innen anhand dieser Ziele. Uns ist dabei wichtig, dass ein Projekt transformatives Potential für einen ganzen Sektor hat. Wir analysieren dabei Hindernisse am Weg zu Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft und identifizieren gangbare Lösungen, indem wir Unternehmen, Behörden, Wissenschaft und manchmal auch die Zivilgesellschaft an einen Tisch bringen. Am Ende steht ein konkreter Plan, der von den Unternehmenspartner:innen auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Das hat schon viele Male sehr gut funktioniert und wir können nach zwei Jahren bereits gute und quantifizierbare Ergebnisse vorweisen.
Besonders im Bereich Kreislaufwirtschaft gibt es aktuell sehr innovative Projekte, wie etwa die Matratzenallianz. Wie kam es dazu?
In Österreich landet jährlich über eine Million Matratzen am Ende ihrer Lebensdauer in der Müllverbrennung, nichts von diesem großen Materialberg wird aktuell wiederverwendet. „Zirkuläre Matratzen“ hieß deshalb eines unserer ersten Programme, das wir 2022 gestartet haben. Gemeinsam mit dem Klimaschutzministerium haben wir Unternehmen entlang der gesamten Matratzen-Wertschöpfungskette im Climate Lab zusammengebracht und uns gemeinsam angesehen, welche Hindernisse überwunden werden müssen, um auch in Österreich den Matratzenkreislauf zu schließen. Inspiriert durch ein Schweizer Vorbild entstand aus diesem Prozess im Herbst 2024 die Österreichische Matratzenallianz. Dieser Verein mit bisher 23 Mitgliedern hat sich zum Ziel gesetzt, den Materialkreislauf zu schließen und dadurch auch CO2-Emissionen zu reduzieren. Inzwischen haben zwei Mitglieder der Matratzenallianz auch ein Joint Venture gegründet, das nun die erste Matratzenrecyclinganlage Österreichs errichten wird.
Auch das Projekt „KRAISBAU“ behandelt ein sehr zentrales Thema in der Kreislaufwirtschaft – nämlich die Zirkularität im Bau bzw. von Gebäuden. Können Sie uns die Bedeutung und zentralen Ziele dieses Projektes schildern?
Im Rahmen von KRAISBAU wird ein Konsortium von 32 Unternehmen und Institutionen die Grenzen des Machbaren beim zirkulären Bauen erweitern. Konkret werden 40 Gebäude als Demoprojekte ausgewählt, die entweder umgenutzt, saniert oder zurückgebaut werden. Wir versuchen, so viel wie möglich von diesen Gebäuden zu erhalten oder wiederzuverwenden. Wenn wir rückbauen müssen, wollen wir Gebäudeteile oder Rohstoffe in neuen Gebäuden wiederverwenden. Was neu gebaut wird, soll kreislauffähig gebaut werden. Das „AI“ in KRAISBAU steht übrigens für künstliche Intelligenz, auf die wir in dem Projekt in verschiedenen Bereichen setzen. Die Erkenntnisse daraus bereiten wir für die ganze Baubranche auf.
Welche weiteren Themenbereiche werden in den kommenden Jahren im Climate Lab behandelt?
Besonders im Bereich Kreislaufwirtschaft sehe ich noch sehr großes Potential. Wir haben laufende Projekte zu Matratzen, Textilien, Möbel und Gebäude. Dieses Jahr starten wir auch eines für Elektrogeräte – ein sehr wichtiges Thema mit vielen zu klärenden Fragen. Weitere Themenbereiche können folgen, wenn sich passende Partner finden. Neben unserer Arbeit mit konkreten Produktgruppen haben wir den Rohstoffkreislauf selbst im Visier. Unser Motto dabei lautet „Abfälle sind Wertstoffe am falschen Ort“. Wir wollen, dass sich Unternehmen mit Restwertstoffen und Unternehmen, die Verwendung für diese Stoffe haben, leichter finden können und zum Entstehen einer Plattform für Restwertstoffe beitragen, auf der sich Angebot und Nachfrage treffen können. Darüber hinaus arbeiten wir an den unterschiedlichsten Themen der Energie-, Mobilitäts- und Wärmewende.
Wo sehen Sie generell die wichtigsten Hebel für wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation?
Am wichtigsten erscheint mir, dass Führungskräfte in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft ihre Verantwortung wahrnehmen und ihre Mitarbeiter:innen sowie die Bürger:innen durch diese Transformation begleiten. Wie in allen Change Management Prozessen braucht es dabei gute Kommunikation und viel Zuhören. Wenn die Wirtschaftswende gelingt, reduziert sich unsere Rohstoffabhängigkeit, wird der Wirtschaftsstandort gestärkt und entstehen neue Jobs. Es mag sich lohnen, große Stückzahlen in China neu zu produzieren, aber Reparatur und Recycling sind immer mit Wertschöpfung vor Ort verbunden. Damit sich eine Reparatur-Industrie entwickeln kann, müssen freilich erst die entsprechenden Rahmenbedingungen und Anreize geschaffen werden. Auch dazu wollen wir mit unserer Arbeit im Climate Lab beitragen.